ChatGPT & Co.: KI Texte schreiben – mit menschlicher Hilfe
Spoiler: Dieser Text wurde tatsächlich mit Hilfe eines hochentwickelten und komplexen Systems geschrieben. Eine Art neuronales Netzwerk, in dem Milliarden von Neuronen interagieren und das man mit gutem Willen als „intelligent“ bezeichnen könnte. Um es zum Laufen zu bringen, braucht es jeden Morgen erstmal einen Espresso. Die Rede ist von meinem Gehirn und mir. Dann schauen wir mal, ob die KI-Tools besser sind als ich!
ChatGPT hebt ab – und holt die KI-Tools mit ins Rampenlicht
Warum sind KI-Tools und Texterstellung durch KI seit einigen Wochen ein riesiges Thema? Na klar, wegen ChatGPT. Das KI-Tool vom US-amerikanischen Unternehmen OpenAI, an dem zurzeit keiner vorbeikommt und das bereits in allen großen Medien vorgestellt wurde. Gute Tools zur Texterstellung gibt es teilweise schon seit Jahren. Der Prototyp von ChatGPT wurde dagegen erst am 30.11.2022 veröffentlicht. Seitdem gehen die Suchanfragen nach KI-Themen durch die Decke:
Keyword | Suchvolumen Oktober 2022 | Suchvolumen Dezember 2022 | Zuwachs |
KI Texte schreiben | 390 | 3.600 | + 823 % |
KI schreibt Texte | 90 | 1.000 | + 1.011 % |
Weihnachtsgeschenke für Frauen | 14.800 | 135.000 | + 812 % |
ChatGPT | 0 | 1.200.000 | ∞ |
Ok, bei einem dieser Themen können wir davon ausgehen, dass das Interesse ab Januar 2023 schlagartig absinkt. Aber ChatGPT und KI-Texte sind die Themen der Stunde.
ChatGPT hat auf einen Schlag die Vorzüge eines gut funktionierenden KI-Tools gezeigt:
- Es erstellt gute Texte innerhalb von Sekunden
- Es beantwortet Fragen in klar verständlicher und flüssiger Sprache
- Man kann eine Unterhaltung wie mit einem Menschen führen
- Es kann stark bei kreativer Arbeit unterstützen
- Es kann gute Witze erfinden
Moment – kann ChatGPT auch gute Witze erzählen? Naja…
Chat GPT
Christoph
Ein Hai löst ein Kreuzworträtsel. Da kommt ein Barrakuda vorbeigeschwommen.
Der Hai fragt den Barrakuda: „Sag mal, kennst du einen Raubfisch mit drei Buchstaben?“
Der Barrakuda: „Ja bist du denn blöd? Denk doch mal an dich!“
“Ach stimmt… Uwe!”
Jetzt könnte ich sagen: Auf geht’s KI, schreib du den Rest vom Artikel. Allerdings arbeite ich in der Suchmaschinenoptimierung (SEO). Und da Google in Deutschland über 90% Marktanteil hat, muss ich natürlich vorher noch folgende Frage stellen:
„Hey Google, was sagst du eigentlich zu KI-Texten?“
„Oder noch konkreter: Wie findet Google durch KI erstellte Texte?“
„Mittlerweile: gut.“
„Und wie findet Google ChatGPT?“
„Von Beginn an: doof!“
Aber der Reihe nach. Wie fand Google eigentlich 2022 noch durch KI erstellte Texte?
April 2022
„Vermeide automatisch generierte Inhalte, die das Suchranking manipulieren“
So stand es noch im April 2022 in den Google Richtlinien für Webmaster. Klingt stark so, als ob Google KI-Texte nicht gut findet oder?
„Hey Google, kann Google überhaupt den Unterschied zwischen automatisch erstellten und von Menschen verfassten Texte erkennen?“
„I can’t claim that“ – „Das kann ich nicht behaupten“
So lautete die Antwort vom Google-Mitarbeiter John Müller in einem Google-Hangout vom 01. April 2022. Vielleicht war es ein Aprilscherz? Vielleicht aber auch schon ein Hinweis darauf, dass die Ergebnisse von aktuellen KI-Tools eben nur noch schwer von menschlich verfassten Texten zu unterscheiden sind. Auch für Google.
August 2022
Noch im August 2022 veröffentlichte Google das „Helpful Content Update“ für englischsprachige Inhalte, im Dezember 2022 dann auch für deutsche Seiten. Ziel dieses Updates war das gleiche wie von den meisten Updates bei Google: Schlechte und wenig hilfreiche Inhalte sollen abgestraft, gute Inhalte belohnt werden!
Das heißt ja noch nichts für die Texterstellung durch eine Künstliche Intelligenz. Allerdings fand sich bei der Vorstellung des Updates auch folgender Satz:
Dieses ermöglicht es den Systemen, in den Suchergebnissen bevorzugt hilfreiche Inhalte anzuzeigen, die von Nutzern für Nutzer geschrieben wurden. (Helpful Content Update)
Anhand dieser Passage folgerten nun einige SEOs und Marketing-Experten, dass Google nur Texte gut findet, die von Menschen geschrieben wurden. Gut, so steht es dort ja auch.
November 2022
ChatGPT betritt die Bühne. Und mit diesem Tool endgültig die Fragen: Wie kann Google durch KI erstellte Texte überhaupt erkennen? Wie geht Google nun mit künstlich erstellten Texten um?
Selbst im Jahresrückblick von Ryte vom 13.12.2022 (zwei Wochen nach dem Erscheinen von ChatGPT, einen Tag nach meinem Geburtstag) wird die Entwicklung noch so beschrieben:
Auch wenn die deutsche Suche vorerst nicht betroffen ist, gibt uns das Update (das Helpful Content Update) wertvolle Hinweise, in welche Richtung es in Sachen Content geht: Inhalte von Menschen für Menschen, die auf realer Erfahrung beruhen. Texte, die mithilfe von künstlicher Intelligenz und Templates von Laien angefertigt wurden, werden in Zukunft weniger gerne gesehen.
Fun Fact: Im gesamten Ausblick von Ryte auf die Google-Suche 2023 kommt der Begriff „KI“ nicht vor.
Januar 2023
Der Bann scheint gebrochen. In einer Antwort auf Twitter stellt Googles Sprecher Danny Sullivan klar:
Wie bereits gesagt, als wir nach KI gefragt wurden, widersprechen Inhalte, die hauptsächlich für Suchmaschinenrankings erstellt werden, wie auch immer sie gemacht werden, unserer Anleitung. Wenn Inhalte hilfreich sind und zuerst für Menschen erstellt wurden, ist das kein Problem.
Wie immer gilt also: Google will Inhalte, die für den Nutzer erstellt werden und nicht für die Suchmaschine. Neu ist: Wenn die Texte gut sind, dürfen Sie auch von einer KI erstellt worden sein!
Gut, wo das geklärt ist, darf ich ja nun auch folgende Frage stellen:
Was können KI-Text-Tools?
KI-Text-Tools erzeugen Text innerhalb von Sekunden und die Qualität scheint mittlerweile auch zu stimmen. Den Segen für die Nutzung der Tools hat Google nun wohl auch erteilt. Das lässt die Erwartungen natürlich in den Himmel wachsen. Können KI-Tools nun komplett das Schreiben übernehmen? Sieht mein Arbeitstag von nun an so aus?
Wie funktionieren eigentlich KI-Text-Tools?
Aktuelle KI-Text-Tools nutzen eine künstliche Intelligenz namens GPT-3. Sie wurde vom Unternehmen OpenAI entwickelt, das auch ChatGPT herausgebracht hat. GPT-3 verwendet „Deep-Learning“, um Texte zu erstellen. Deep-Learning funktioniert so, dass ein Algorithmus zunächst mit einer großen Menge an Text gefüttert wird – große Menge bedeutet in diesem Fall 2 Terrabyte reinen Text. Also noch mehr Texte als ich im Studium lesen musste.
Anhand dieser riesigen Masse lernt die KI, welches Wort in einem Text mit größter Wahrscheinlichkeit das Nächste ist.
- Sehr geehrte… „Damen und Herren“
- Herzlichen Glückwunsch… „zum Geburtstag“
- Aller guten Dinge… „sind drei“
- web-netz ist… „die beste Agentur“
GPT-3 wurde bereits im Mai 2020 veröffentlicht und hat zu den Ergebnissen von ChatGPT geführt, die wir alle so erstaunlich finden. Der Nachfolger GPT-4 ist für 2023 angekündigt und soll mit einer noch weitaus größeren Datenmenge trainiert sein.
Welche deutschsprachigen KI-Text-Tools gibt es?
Viele KI-Text-Tools nutzen aktuell GPT-3 als Grundlage. Ich beschäftige mich im Alltag vor allem mit Texten in deutscher Sprache. Deshalb interessieren mich in erster Linie Tools, die automatisiert deutsche Texte erstellen können.
Folgende KI-Tools sind mir aktuell bekannt (in alphabetischer Reihenfolge):
- ClosersCopy
- Copy.ai
- Copysmith
- Frase.io
- Jasper
- LongShot.ai
- Neuroflash
- Mindverse
- Rytr
- Writesonic
Anders als ChatGPT bieten die Tools mehr als ein Interface zum Chatten. ChatGPT ist ein ChatBot, mit dem man ebenfalls Texte erstellen kann. Die genannten KI-Text-Tools haben aber noch deutlich mehr Module und Funktionen, um euch das Erstellen von Texten zu erleichtern.
Welche Funktionen bieten KI-Text-Tools?
KI-Tools kannst du in vielfältigen Bereichen der Texterstellung einsetzen. Du kannst mit ihnen sowohl kurze als auch längere Textarten erstellen lassen. Dazu zählen zum Beispiel
- Briefings
- FAQs
- Anzeigen-Texte für Google Ads
- Social Media Posts
- Meta-Title und Meta-Description
- Überschriften
- Gliederungen
- Produktbeschreibungen
- Absätze von Blogartikeln
- Ganze Texte
- u.s.w.
Die Bandbreite an Vorlagen ist also sehr groß und verfeinert schon einmal die Ergebnisse der Tools. Allerdings stellt man bei der Anwendung schnell fest, dass die Qualität der Ergebnisse sehr unterschiedlich ist. Die Texte werden erst dann gut, wenn du aktiv bei der Gestaltung mitarbeitest.
Gute KI-Texte: Zusammenarbeit von Mensch und Maschine
Natürlich kannst du einem KI-Tool einfach ein Thema vorgeben und den Auftrag erteilen: „Schreib mir einen Artikel zum Thema Betextung durch KI“. Das Ergebnis kann gut sein – kann aber auch sehr viel allgemeines „Geschwafel“ hervorbringen.
Wichtig für die KI ist es, die Aufgabe zu verstehen. Wenn die Aufgabe zu allgemein formuliert ist, kann das Ergebnis völlig anders sein als von mir erwartet. Es gilt also das gleiche wie bei der Beauftragung eines menschlichen Texters: Das Briefing muss für die KI klar und verständlich sein.
Das KI-Tool Neuroflash etwa fragt vor der Erstellung eines Blog-Posts einige grundlegende Informationen ab:
Die Gliederung stammt in diesem Fall nicht von mir – sie ist ein Vorschlag von Neuroflash. Mit Hilfe dieser Informationen hat die KI schon einmal eine genauere Vorstellung darüber, was sie schreiben soll.
Auch bei der weiteren Erstellung, Überarbeitung und Erweiterung des Textes bin ich als Auftraggeber gefragt:
- Ich erstelle ein Briefing – die KI liefert einen Textvorschlag
- Ich habe eine Schreibblockade – ich schaue mir Vorschläge der KI an, um inhaltlich weiterzukommen
- Manche Überschriften gefallen mir nicht – die KI schlägt Alternativen vor
- Ich recherchiere zusätzliche Unterthemen – die KI erweitert den Text nach Wunsch
- Der Tonfall ist mir nicht seriös genug – ich schreibe um oder wähle andere Einstellungen im Tool
- Manche Informationen erscheinen mir nicht up to date – ich recherchiere nach und füge weitere Inhalte ein
- Die KI erstellt einen Absatz – ich mache grundsätzlich einen Faktencheck
Die Entstehung eines Textes geschieht also in Zusammenarbeit von Mensch und KI. Das Verfassen und Überarbeiten ist wie ein Dialog zwischen mir und dem Tool. Und damit ja genau das, was uns alle an ChatGPT fasziniert: Eine künstliche Intelligenz, die wirklich auf meine Fragen antwortet. Für das KI-Tool von Jasper gibt es mittlerweile mit dem „Jasper Chat“ bereits ein ähnliches Interface wie von ChatGPT. Darüber kannst du eine direkte Unterhaltung mit der KI führen, die sich wie der Austausch mit einem Menschen anfühlt.
Fazit: Hey Google, wie geht es nun weiter mit KI & Betextung?
Ich hatte es ja bereits zu Beginn verraten: Dieser Text wurde nicht von einem KI-Tool geschrieben. Das hätte nicht so lange gedauert. Und einige Espresso hat es schon gebraucht, damit mein Gehirn und die Milliarden Nervenzellen nicht mittendrin den Geist aufgeben. Aber keine Angst, noch ist alles im grünen Bereich.
Bei Google dagegen scheint nichts mehr im grünen Bereich zu sein: Nach Erscheinen von ChatGPT soll in der Zentrale angeblich „Alarmstufe Rot“ bei Google ausgerufen worden sein. Nun möchte Google zeigen, dass man sich auch mit KI-Themen auskennt! Im Januar 2023 veröffentlichte Google alle Produkte, in denen sie bereits KI einsetzen. Dazu zählen die Suche selbst, Google Maps, Youtube oder auch Google Ads. Ebenfalls im Januar 2023 wurden die beiden Gründer von Google Larry Page und Sergey Brin reaktiviert – eigentlich hatten sich die Gründer 2019 aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Wie die New York Times berichtete gab es vermehrt Treffen, bei denen es um die Entwicklung von KI-Projekten ging.
Oder hat Google schon längst ein Tool auf dem Stand wie ChatGPT entwickelt und hat dies bisher nur nicht veröffentlicht? Ein ChatBot beantwortet alle Fragen und passt damit nicht gut zu Googles Geschäftsmodell. Google verdient sein Geld damit, mehrere Suchergebnisse auszuspielen, inklusive bezahlter Anzeigen.
Trotzdem kündigte Google-Chef Sundar Pichai am 06.02.2023 die Veröffentlichung eines solchen Tools an. Der Textroboter „Bard“ ist ebenfalls ein Sprachmodell zum Chatten und soll ChatGPT Konkurrenz machen. Bard soll zunächst nur von einzelnen Nutzern getestet werden, in den kommenden Wochen plant Google es dann auch für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Es bleibt spannend!
Christoph
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Bildnachweis Titelbild: iStock - sompong_tom
Autor/in
Christoph Schlüter Search Engine Optimization
Philosophie studiert – SEO geworden: Seit seinem Quereinstieg 2015 ist Christoph begeisterter Suchmaschinenoptimierer bei webnetz. Bei allen Themen rund um die Erstellung von Content fühlt er sich wie ein Fisch im Wasser. Besser geht’s ihm nur, wenn er zu Hause an der Nordsee ist.
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